Die Smartphone-App
Aufbauend auf Erfahrungen mit einer anonymen Crystal-Sprechstunde entstand in dreijähriger Forschung und Entwicklung die Smartphone-App „CheckPoint-C“, die sich an aktuelle und ehemalige Crystal-Konsumenten wendet. Zur Spezifik dieser sehr inhomogenen Zielgruppe gehört deren schwere Erreichbarkeit, die sich aus der Furcht vor dem Verlust von Anonymität, aus Angst vor Kriminalisierung und Stigmatisierung sowie auch aus dem nur vagen Einblick in deren, in der Regel nicht-szenebezogene Lebenswelten ergibt.
Suchtprävention und Frühintervention sind damit vor Herausforderungen gestellt, die nun über den Rückgriff auf neue digitale Technik bewältigt wurden. Die Crystal-App enthält sechs Bereiche, bestehend aus:
- Dem Konsumtagebuch, das interaktiv angelegt ist und den Kern der App ausmacht.
- Einem Status-Monitoring, mit dem Rückmeldungen gegeben werden, in welcher Konsumphase sich die NutzerIn gerade befindet, mit welchen physischen und psychischen Problemen in den jeweiligen Phasen regelmäßig gerechnet werden muss und mit welchen Strategien Entlastung und Hilfe möglich sind.
- Dem sogenannten Craving-Tagebuch zur Kontrolle schwer zu bewältigender Konsumbedürfnisse in Clean-Phasen.
- Dem Ausstiegstagebuch zur Begleitung selbstinitiierter Abstinenzbemühungen.
- Selbsttests, die einen Bezug zu den Motivlagen von Crystal-KonsumentInnen herstellen und ein entsprechendes Reflektieren und Überdenken anregen.
- Einem Informationsbereich.
- Einem Bereich „Erste-Hilfe“.
Die App Checkpoint-C ist als Smartphone-Intervention für Android- und iOs-Systeme entwickelt worden.
Zu der App wurde eine korrespondierende Homepage CheckPoint-C entwickelt. Hintergrund dafür war die Erkenntnis, dass Informationen nicht ohne Öffentlichkeitsarbeit unter Crystal-KonsumentInnen weitergereicht werden. Vielmehr sind bis dahin unterschätzte Anstrengungen erforderlich, um diese schwer erreichbare Gruppe auf das nun existierende Tool aufmerksam zu machen und für eine Nutzung zu gewinnen.
Dieser Befund erforderte die konzeptionelle Entwicklung einer Strategie, mit der die App unter potentiellen NutzerInnen bekannt gemacht wird, die sich allerdings im Dunkelfeld aufhalten, aus diesem auch nicht heraustreten wollen und nicht über eigene, szeneartigen Kommunikationskanäle verfügen. Konsequenz ist, dass die Öffentlichkeitsarbeit zwar mit einer passgenauen Zielgruppenansprache erfolgen muss, die aber keine klar benennbaren Orte, Zeiten und Organisationsformen hat.
In Anbetracht der Heterogenität der KonsumentInnen von Crystal wurde eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit über sehr unterschiedliche Medien konzipiert. Deren wichtigste Elemente sind digitale Wege der Kommunikation im Rahmen von Social-Media-Netzwerken über speziell für das Projekt geschaffenen Medien bei Facebook und einer eigenen Projekt-Homepage (www.checkpoint-c.de). Diese gegen Aufschluss über das Konzept der App und Informationen zur Herkunft des Projektes. Zudem haben Android-NutzerInnen die Möglichkeit, von dieser Seite die APK-Datei (Installationsdatei für die App) direkt auf das Telefon zu laden, ohne dafür im Google-Play-Store angemeldet zu sein. Ein Nachteil dieser Wege der Installation ist allerdings, dass die App nicht automatisch aktualisiert, sondern nach jedem Update selbstständig wieder installiert werden muss.Der Mix aus von den ProjektmitarbeiterInnen initiierten Informationen (Posts) und Rückmeldungen von den BesucherInnen/der Community der jeweiligen Medien ermöglicht unaufdringlich, über das Konzept, die Motivation und die Arbeitsweise der Unterstützungsangebote der App zu informieren und auf diese Weise sensibel für eine Inanspruchnahme zu werben. Zu den Besonderheiten einer Ansprache über Social-Media gehört zugleich, dass die Chance besteht, mit gelungenen Zusammenstellungen von Informationen, die von der Community positiv bewertet werden, auch Weiterempfehlungen und neue InteressentInnen (Follower) gewinnen zu können. Es hat sich erwiesen, dass eine Kombination aus mehreren sozialen Medien zu einer größeren Reichweite sowie einer erhöhten Beteiligung (dem sogenannten Traffic) führt.
Publikationen:
Barsch, G., Walta, J. (2018): Suchtprävention per Smartphone: Wie geht das? Neue Praxis 4: 360-375
Barsch, G. (2017): Die CheckPoint-C-App: Information, Aufklärung und Coaching per Smartphone. In: Stöver, H., Dichtl., A., Graf, N. (Hrsg.): Crystal Meth. Prävention, Beratung und Behandlung. Fachhochschulverlag 2017
Unterstützung und Finanzierung
Checkpoint-C wurde 2016-2018 mit Mitteln des Bundesgesundheitsministeriumsund mit Eigenmitteln Hochschule Merseburg entwickelt. Ab 2019 sollte die App in die Betreiberschaft von Chill out Potsdam übergehen. Diese Übergabe ist leider 2021 endgültig gescheitert. Nunmehr geht die Betreiberschaftan den Verein über.
Allerdings ist es bisher nicht gelungen, für die Aktualisierung von App und Homepage und die kontinuierliche Werbung für diese App eine finanzielle Unterstützung einzuwerben. Entsprechend veraltet ist derweil der Stand auf beiden digitalen Medien.
Für die Aktivitäten, um die App weiter in großem Umfang populär zu machen, deren Überführung in Behandlungsroutinen und notwendige fortlaufende Anpassungen an technische und neue inhaltliche Änderungen werden dringlich Zuwendungen und Spenden gesucht.